Forderungskatalog an Kulturdezernentin übergeben

Foto: Bernd Thiele

Gestern war es soweit.
Am Mittwoch, den 3. Februar, haben wir unseren Bericht über die Lage der Freien Szene in Frankfurt mit dem Forderungskatalog, den wir mit Euch in den Fokustreffen der Szene erarbeitet haben, an unsere Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig übergeben.

Der Termin fand unter Einhaltung der aktuellen Schutzmaßnahmen an frischer Luft auf dem Milchsackgelände statt und wurde von der Aktion „Cut the Cake“ begleitet:
Wir übergaben eine Frankfurter-Kranz-Torte, die symbolisch für den Gesamthaushalt der Stadt Frankfurt stand. Ein schmales Stück davon war als Kulturetat der Stadt Frankfurt gekennzeichnet. Der Anteil der Freien Szene an diesem Stück entsprach einer kleinen Spitze. Zur Unterstreichung unserer Forderungen entschieden wir symbolisch über die Neuverteilung des Kuchens. 
Das Stück des Kulturetats wurde Frau Dr. Ina Hartwig als erstes überreicht; das schmale Stück konnte jedoch erst aus der Cremetorte gelöst werden, nachdem weitaus größere Stücke abgeschnitten wurden.  

Einen ersten Presse-Bericht dazu findet Ihr hier:
Pressebericht Frankfurt.de

Die Kernforderungen findet ihr zusammengefasst weiter unten.
Den gesamten Forderungskatalog kann jede*r gerne bei uns per Mail anfordern: info@koalition-freieszeneffm.de

Foto: Bernd Thiele

Kernforderungen der Freien Szene

Am 4. April 2018 fand im Rahmen des Lichter Filmfestes ein erstes Treffen statt, um eine Koalition der freien Szene Frankfurts zu gründen. Im September 2018 wurde eine Sprecherinnengruppe gewählt, um die Situation der freien Szene Frankfurts in einem Bericht unter die Lupe zu nehmen und Verbesserungsvorschläge zu machen. Unsere Veranstaltungen fanden vor der Corona-Pandemie statt, deshalb ist dieser Aspekt im Bericht nicht enthalten und in der Einleitung zu unserem Bericht haben wir dazu einige Thesen veröffentlicht. In dieser Einleitung appellieren wir an die politisch Verantwortlichen, keine Kürzungen im Kulturbereich vorzunehmen und bei den Förderanträgen zu berücksichtigen, das die ohnehin schwer zu findenden Sponsoren aus der Wirtschaft aufgrund der Covid19-Pandemie ausfallen. Viele Kulturschaffende können wegen der Pandemie kaum noch von ihrer Arbeit leben. Kürzungen der Kulturförderung würden für viele freie Künstlerinnen und Kulturprojekte das endgültige Aus bedeuten. Unsere Vorschläge für eine mittel- und langfristige Kulturentwicklung in Frankfurt für die einzelnen Kunstsparten fassen wir hier kurz zusammen.

Bildende Kunst
Die Bildende Kunst braucht ein differenzierteres Fördersystem. Denn zur freien Bildenden Kunst zählen neben der Zeichnung, Malerei und Bildhauerei zahlreiche andere Formen, wie z.B. die Installation, partizipative oder interdisziplinäre Projekte sowie Performances und multimediale Arbeiten. Aus diesem Grund sollten zunächst die derzeitig temporär eingerichteten Recherchestipendien bei Wiederaufnahme der Travelstipendien nach der Coronakrise beibehalten werden. Zusätzlich brauchen wir neben einer deutlichen Erhöhung des Etats für die Projektförderung neue themen- und spartenbezogene Stipendien. Auch die Erhöhung der maximalen Fördersumme für Einzelprojekte ist essenziell. Darüber hinaus ist die monetäre Förderung von Honoraren erforderlich – derzeit ist das nur für Performances der Fall. Dringend nötig sind zudem weitere günstige Atelierräume und geförderte Wohnateliers. Auch die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, wie z.B. für Veranstaltungen im öffentlichen Raum ist ein wichtiger Punkt. Das Fördersystem für die bildende Kunst sollte demnach sowohl monetär als auch strukturell und inhaltlich verbessert werden.
Haike Rausch
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Bewegtbild und Medienkunst
Für die Bereiche Bewegtbild und Medienkunst schlagen wir eine Erhöhung des Etats für Projektförderungen vor, die Schaffung neuer Medienkunststipendien, die nach bestimmten Kriterien, Themen ausgeschrieben werden sollen und deren Vergabe durch und mit eine rotierende Jury erfolgt. Die Koalition der freien Szene sollte ein Mitspracherecht bei der Besetzung der Jury erhalten. Auch die Bereiche Ausstellungsbegleitprogramme, Konferenzen, Filmabende in Zusammenarbeit mit Kinos und Institutionen sowie Kurzfilmscreenings und Medienpräsentationen bedürfen einer Förderung. Außerdem sollten Honorare monetär gefördert werden. Wichtig ist außerdem die Schaffung eines Medienzentrums als gemeinsame Plattform zur Ressourcenteilung für Arbeitsplätze, Präsentationsmöglichkeiten sowie einen Verleih benötigter Produktionstechnik.
Jos Diegel
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Darstellende Künste
Im Bereich der freien Darstellende Künste fordern wir, die mehrjährige Förderung statt der bisherigen zwei- und vierjährigen Unterstützung zu einer Dreijahresförderung zu vereinheitlichen. Die unterfinanzierte Projektförderung sollte um 500.000 Euro angehoben, die Förderung von Festivals verbessert werden, weitere Proberäume und Spielorte sind für eine wachsende Szene notwendig. Das Kinder- und Jugendtheater am Zoo sollte wie geplant errichtet werden. Ein Kulturentwicklungsplan für die gesamte freie Szene ist notwendig.
Jan Deck
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Klassische Musik
Es braucht einen eigenen Topf mit Fördergeldern für die Freie Klassikszene Frankfurts. Bisher gibt es diesen nicht. Auch werden Räume zum Unterrichten, Proben und Auftreten benötigt. Die Schaffung eines Gremiums, das den Dialog zwischen Kulturschaffenden, Kulturinstitutionen, Politik, Verwaltung und Bürgerinnen schafft, würde viele strukturelle Probleme lösen können. Ebenso brauchen wir ein künstlerisches Betriebsbüro (KBB) für klassische Musikerinnen, das die Belange der Szene mit der Stadtpolitik koordiniert, eine Vermittlungsplattform sowie ein erweitertes Beratungsangebot für Förderanträge bietet. Honorarstandards für Konzertgagen und Unterrichtshonorare sollten empfohlen und eingehalten werden. Eine „Art but Fair“-Plakette für faires Engagement und faire Bezahlung der Musikerinnen auf dem freien Markt sollte geschaffen werden.
Sylvia Demgenski und Caroline Jahns ­

Popularmusik und Clubs
Im Bereich Popularmusik und Clubs braucht es mehr Auftrittsmöglichkeiten und mehr günstige Proberäume für lokale Künstlerinnen. Eine verbesserte und transparentere Förderung ist notwendig, damit höhere Honorare, eine bessere verbindliche soziale Absicherung sowie verbindliche Verträge möglich werden. Eine verstärkte Förderung auch für einzelne kleinerer Projekt, sowie für Live-Clubs ist wichtig, Musik-Künstlerinnen sollten bei der Förderung als Veranstalterinnen anerkannt werden.
Jan Deck